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Diese Rubrik ersetzt unser früheres Lexikon. Da wir die Neuaufschaltung gleich nutzen, um alle Texte zu überarbeiten, wird es eine Weile dauern bis wieder alle Texte online sind.

In der Zwischenzeit dürfen Sie uns selbstverständlich auch gern direkt fragen, wenn Sie etwas mehr wissen möchten.

Angoras – Angorawolle

Von welchem Tier stammt Angorawolle?

Das Tier

Angorawolle stammt von Angorakaninchen, ist superweich und vor allem wegen der Art und Weise, wie sie gewonnen wird, für Tierschützer meist tabu.

Warum ist Angorawolle umstritten?

Die Kritik

Die meiste Angorawolle kommt aus miserabler Tierhaltung, insbesondere die billige Angorawolle aus China, die in den letzten Jahren den Markt regelrecht überschwemmt hat. Ausserdem wird Angorawolle meist auch auf höchst grausame Art gewonnen.

Wie wird Angorawolle gewonnen?

Die Produktion

Es gibt verschiedene Methoden, Angorawolle zu gewinnen, wobei die meisten grausam und sehr schmerzhaft sind. Wir ersparen Ihnen hier die Details. Wenn Sie genaueres wissen möchten, finden Sie dies garantiert im Internet.

Im Internet wird aktuell aber auch Angorawolle angeboten, die in Frankreich schmerzfrei und tiergerecht gewonnen werde. Sie funktioniert so:

– fünf Tage bevor die Haare geerntet werden sollen, erhalten die Tiere mit dem Futter eine Portion «Lagodendron». Zwar konnten wir bisher nicht einmal unter ihrer lateinischen Bezeichnung eine derartige Pflanze finden, gemäss Angaben der Angorazüchter soll es sich aber um eine Mimosenart handeln.

– in den folgenden Tagen fallen den Kaninchen die Haare aufgrund dieser Futterbeimischung aus.

– am Tag der Wollernte werden die Hasen gekämmt, um die bereits losen Haare zu gewinnen.

Obwohl das alles nett und harmlos tönt, hat es bei uns die Frage aufgeworfen, wie bekömmlich ein Präparat wohl insgesamt ist, wenn es eine derart massive Wirkung hat. Dann haben wir uns auch noch die von der Produzentenvereinigung propagierten Haltungsbedingungen angeschaut, und die sind leider weit entfernt von tier- oder artgerecht.

Was sind weitere Kritikpunkte?
  • Kaninchen sind Beutetiere. Ihr Instinkt setzt darum "gefangen werden" mit "gefressen werden" gleich. Entsprechend ungern werden Kaninchen angefasst. Allein diese Tatsache macht es fraglich, ob die Haltung von Angorakaninchen überhaupt tiergerecht sein kann. Immerhin zeigt die Erfahrung aber, dass Kaninchen in liebevoller Haltung durchaus lernen, die anfängliche Angst zu überwinden und ihr Leben unter dem Schutz eines Menschen sichtlich zu geniessen.

  • Tierschützer bezeichnen die Angorarasse als eine sogenannte Qualzucht, denn es wurden Tiere gezüchtet, die wegen ihrer Haarpracht nur unter menschlicher Pflege überlebensfähig sind.
Woher kommt unsere Angorawolle?

Unsere Angorawolle kommt ausschliesslich von Tieren, die in liebevoller Freiland-Privathaltung leben und deren Haare eingesammelt oder schonend ausgekämmt werden, bzw. mittels ebenso schonender Schur gewonnen werden. Garantiert stressfrei und ohne Verletzungsgefahr. Darum führen wir Angorawolle nur im Sortiment, wenn wir einen entsprechenden Lieferanten haben. Das ist im Moment leider nicht der Fall, da unsere letzten Lieferanten die Haltung aufgegeben haben.

Bambus

Ist Garn aus (Bio-)Bambus ökologisch?

Nein.

Bambus ist zwar ein schnell wachsendes Gras, das von allein und üppig wächst und weder Dünger noch Bewässerung braucht, aber die Bambusfasern sind viel zu kurz, als dass man sie verspinnen könnte. Darum ist ein Bambusgarn immer ein Viskosegarn. Und Viskosen sind weder umweltfreundliche, noch nachhaltige oder sonstwie ökologische Garne. 

 

Noch deutlicher steht es im Material-Archiv:

«… Fälschlicherweise werden häufig auch Viskosefasern aus Bambuszellstoff als Bambusfasern bezeichnet. Bei Textilien mit der Bezeichnung «100% Bambus» handelt es sich denn auch in Wahrheit um Viskosefasern (CV), also Chemiefasern aus Bambuszellstoff. Dieser findet dort für die Herstellung von Viskose Verwendung, wo kein billiges Holz vorhanden ist, hingegen billige Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Die Eigenschaften dieser Viskosefasern unterscheiden sich nicht von den Eigenschaften anderer Viskosefasern aus Buchen- oder Fichtenholz.»

Materialarchiv.ch

 
Ist Bambusgarn eine vegane Alternative zu Seide?

Das kommt ganz auf die persönliche Einstellung an. Denn obwohl die Ausgangslage für Bambusgarn eine Pflanzenfaser ist, ist die Herstellung des Viskosegarns keineswegs umweltfreundlich unabhängig davon, ob biologisch angebauter Bambus verwendet wurde oder nicht (siehe auch Viskose).

Für uns kommt Bambusgarn darum nicht in Frage.

Baumwolle

Material & Geschichte

Die Baumwolle gehört zu den Malvengewächsen und ist wohl eine der ältesten Kulturpflanzen. Man weiss, dass es bereits seit 9000 Jahren Baumwollsamen gibt. Die ältesten bekannten Textilien aus Baumwolle stammen aus der Zeit um 5800 v.Chr.

Von Indien aus – wo Baumwolle seit über 3000 Jahren angebaut wird – gelangte die Baumwolle nach China und wurde schliesslich zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert von arabischen Händlern nach Südeuropa gebracht. Ab dem 18. Jahrhundert entwickelte sich auch in Europa eine Baumwollindustrie.

Heute wird weltweit leider vor allem gentechnisch manipulierte Baumwolle angebaut. Warum dieser Anbau ein "leider" verdient, können Sie im Kapitel genmanipulierte Baumwolle lesen. Aber auch konventionell angebaute Baumwolle ist wenig ökologisch. 11'000 l Wasser braucht es für ein Kilogramm Baumwolle. Ausserdem werden Baumwollkulturen viel häufiger als andere Kulturen mit Insektiziden und Pestiziden behandelt und um die Ernte zu erleichtern, wird bei konventionell angebauter Baumwolle ein Entlaubungsmittel gespritzt. Dazu kommt, dass es immer wieder Berichte über Kinderarbeit, Hungerlöhne und miserable Arbeitsbedingungen gibt.

Ist Baumwolle ökologisch?

Nein und Ja.

Nein! Konventionell hergestellte Baumwolle ist sogar unökologischer als Polyacryl oder Polyester.

Ja! Baumwolle aus biologischem Anbau ist ökologisch. Und vegan. Und fair.

Warum ist konventionell hergestellte Baumwolle unökologisch?

Dafür gibt es verschiedene Gründe:

– es wird genmanipuliertes Saatgut verwendet

– die Baumwollkulturen werden häufig mit Insketiziden und Pestiziden behandelt

– pro geerntetes Kilogramm Baumwolle braucht es 11'000 l Wasser

– um die Ernte zu erleichtern wird ein Entlaubungsmittel gespritzt

– nach wie vor wird von Kinderarbeit auf den Baumwollfeldern berichtet

– nach wie vor gibt es Hungerlöhne und miserable Arbeitsbedingungen

 

Warum ist Bio-Baumwolle besser?

Im biologische Landbau wird grundsätzlich und in allen Bereichen viel naturfreundlicher, nachhaltiger und sozialer gearbeitet, denn der Bio-Anbau berücksichtigt nicht nur einen Aspekt.

Die Vorteile:

– kein gentechnisch verändertes Saatgut

– keine Verwendung von Pestiziden, Insektiziden oder Düngemitteln

– biologisch angebaute Baumwolle verbraucht bis zu 71% weniger Wasser als konventionell angebaute Baumwolle

– die Bauern sind keinen schädlichen Substanzen ausgesetzt und werden fair entlöhnt

Farbig gewachsene Baumwolle «Pakucho»

Während Ausgrabungen in peruanischen Inka-Grabstätten stiess der Anthropologe James M. Vreeland auf Kleiderreste in pastellfarbenen Tönen. Die Untersuchungen ergaben eindeutig, dass es sich bei den Stoffresten um Baumwolle handeln musste. Ebenso eindeutig zeigte sich, dass die Fasern ihre Farbe nicht durch Färbungen erhalten haben konnten. Es musste sich also um von Natur aus farbige Baumwolle handeln. James M. Vreeland machte sich auf die Suche und fand tatsächlich im peruanischen Dschungel, den er nach Analyse der Faserreste als Herkunftsgebiet vermutet hatte, wild wachsende Baumwollpflanzen, deren Fasern bräunlich oder grünlich gefärbt waren.

 

Alle Bilder © Perunaturtex


Im Rahmen einer Beratertätigkeit beschloss James M. Vreeland zusammen mit peruanischen Bauern, in einem kargen Gebiet an der Küste Perus die farbig wachsende Baumwolle wieder neu anzubauen. Zum Einsatz kam dabei Tanguis, eine robuste, alte Baumwollsorte, die dank tiefen, dichten Wurzeln dem zunehmenden Wassermangel trotzen können sollte. Das Experiment glückte! 1991 wurde die Kooperative «Pakucho Pax» (mit James M. Vreeland als Manager) gegründet, welche den Bauern die mengenmässig unbegrenzte Abnahme farbiger Baumwolle garantiert. Bis zu viermal jährlich werden seither auf rund 300 Hektar Land die farbigen Samenhaare von Hand gepflückt. Dabei werden die Kulturen weder chemisch gedüngt oder entlaubt, noch mit synthetischen Spritzmitteln behandelt. Stattdessen behilft man sich bspw. gegen die Baumwollraupe mit Lockstoffen und Duftfallen. Im wahrscheinlich grössten Koka-Anbaugebiet der Welt, im Norden Perus ist so für unterdessen mindestens 700 Bauernfamilien ein legales, nachhaltiges und gesundes Auskommen entstanden.

Eine weitere Besonderheit farbig gewachsener Baumwolle: Textilien daraus erreichen ihre volle Farbintensität erst nachdem sie ein paarmal gewaschen wurden. Wobei die Farben nicht etwa verbleichen, sondern intensiver werden. Wie das genau vor sich geht, ist noch nicht eindeutig geklärt, auch wenn es bereits Theorien dazu gibt.

 * der geschützte Markenname «Pakucho» steht für die Produktion von Baumwolle im Einklang mit der Natur.

Gentechnisch manipulierte Baumwolle – ein Drama
Im Jahr 2022 kommen auf etwa 79% der weltweiten Anbaufläche gentechnisch veränderte Pflanzen (GMO) zum Einsatz, vor allem in den Hauptproduktionsländern Indien, China und den USA (97% der Anbauflächen).

 

Die Geschichte

In Indien, dem grössten Produktionsland von Baumwolle, setzten ab 2002 immer mehr Bauern auf genmanipuliertes Saatgut, um dem zunehmenden Befall des weissen Goldes durch Schädlinge entgegenzutreten, denn gentechnisch veränderte Pflanzen können sich mittels der Produktion eines Gifts selbst gegen ihren Schädling wehren. Doch schon nach drei Jahren zeigte sich, der Schädling hatte sich schnell angepasst und Resistenzen gegen das Gift entwickelt. Trotzdem wurde immer mehr gentechnisch manipulierte Baumwolle angebaut und so waren es im Jahr 2017 bereits rund 80% der weltweit angebauten Baumwolle – mit katastrophalen Folgen. Die immer resistenter werdenden Schädlinge wurden gefährlicher denn je, das Saatgut musste jedes Jahr neu gekauft werden und konventionelles Saatgut war kaum mehr erhältlich.

Statt eigene Pflanzen nachziehen zu können, bezahlten die Baumwollbauern also Jahr für Jahr mehr für das immer teurer werdende Saatgut. Kostete ein Paket früher zwischen 100 und 150 Rupien, wurden für ein Paket Gentech-Baumwolle schon bald 1000 Rupien fällig. Entgegen der Versprechungen aber stiegen auch die Ausgaben für Pestizide – die Ernten blieben dennoch aus. Viele Baumwollfarmer waren bald hoch verschuldet und verzweifelt. Es kam zu einer regelrechten Welle von Selbstmorden unter indischen Baumwollbauern

 

Anteil aentech-Baumwolle

 

Bis heute ist diese Katastrophe nicht überwunden. Nachrichten von resistenten Megaschädlingen, von durch Gentechnik verseuchten Böden und vom mühsamen Wiederaufbau der zerstörten traditionellen Saatgutstellen gehen immer noch um die Welt.  Zwar ist Indien 2016 aus der Gentechnik ausgestiegen und versucht seither mühevoll, den Anbau mit dem alten Saatgut wieder aufzubauen, die Folgen werden aber noch lange zu spüren sein. So war bspw. die konventionell angebaute Baumwolle aus Pakistan 2018 immer noch flächendeckend gentechnisch verunreinigt. Immerhin verklagten die Baumwollbauern aus Burkina Faso den Agrochemiekonzern Monsanto als Produzent der Gentech-Baumwolle auf Schadenersatz…

Biologischer Anbau

Was macht man im biologischem Anbau gegen Schädlinge?

Im biologischen Anbau werden Schädlinge nicht präventiv bekämpft, sondern erst dann, wenn sie auch tatsächlich vorhanden sind. Da der Einsatz von synthetischen Schädlingsbekämpfungsmitteln verboten ist, geschieht dies nur mit natürlichen Mittel, wie bspw. der gezielten Ansiedelung von nützlichen Insekten und/oder Vögeln.

Natürlich wird einem Schädlingsbefall auch bereits vorgebeugt, indem die Pflanzen ihren Bedürfnissen entsprechend angebaut und schädliche Kulturformen, wie beispielsweise Monokulturen, vermieden werden.

Dochtgarn

Was ist ein Dochtgarn?

Ein Dochtgarn, ist ein Garn, bei dem Fasern um einen festen, dünnen Innenfaden herumgesponnen werden, wobei dieser Innenfaden als «Docht» bezeichnet wird. Diese Technik ermöglicht es ein lockeres, weich wirkendes, aber dank seinem Innenleben dennoch sehr haltbares Garn zu erzeugen. Dabei muss beachtet werden, dass der innere Faden nicht selbst schon stark gedreht ist, da er während dem Umspinnen mit dem äusseren Garn eine weitere Drehung erfährt. Sinnvoll ist dieses Verfahren bspw. wenn man sehr kurze Fasern verspinnen möchte.

Heute wird die Bezeichnung «Dochtgarn» meist falsch verwendet. Im Handel werden nämlich immer öfter nicht verzwirnte, also aus nur einem gedrehten Strang bestehende Garne als Dochtgarne zu bezeichnen. Diese Garne werden aber eigentlich «Single-Garne» genannt.

Doubleface-Stricken

Was ist Doubleface-Stricken?

Als Doubleface bezeichnet man eine Stricktechnik, bei der sowohl die Vorder- als auch die Rückseite eines Projekts "schön" sind. Man hat also nicht mehr eine rechte und eine linke Seite, stattdessen hat das Strickprojekt sozusagen zwei Vorderseiten (also Gesichter, bzw. engl. faces). Auf der Vorder- bzw. Rückseite sind die Farben jeweils genau umgekehrt, was den besonderen Reiz des Doubleface-Strickens ausmacht.

Hanf

Material & Geschichte

Das Material

Hanf (Cannabis sativa) ist eine schnellwüchsige Pflanze mit dichtem, hohem Wuchs, welcher unerwünschte Ackerbeikräuter gleich selbst unterdrückt, sodass der Einsatz von Herbiziden unnötig ist. Auch Insektizide oder Fungizide braucht es im Hanfanbau keine.

Sowohl die Lang- als auch die Kurzfasern von Hanf gehören zu den reissfestesten Naturfasern überhaupt, wobei Langfasern qualitativ gar mit den edelsten und hochwertigsten Baumwollsorten verglichen werden können. Hanf hat einen natürlichen Glanz.

 

Geschichte

Der für Textilien verwendete Hanf ist eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Hanfgewächse und gehört zu den ältesten Nutz- und Zierpflanzen der Erde. Zwar werden die frühesten Hanffunde auf ca. 5'000 v. Chr. datiert, verarbeitete Hanffasern können jedoch erst aus der Zeit von ca. 2'800 vor Christus nachgewiesen werden.

Als ausgesprochen reissfestes und widerstandsfähiges Material wurde Hanf lange vor allem für Seile, Taue, Segelstoffe etc. verwendet. Das Aufkommen der Baumwolle im 19. Jahrhundert verdrängte die Hanffaser stark vom Markt.

Bis ca. 1990 wurde Hanf in Europa fast ausschliesslich in Frankreich angebaut. Erst im Zuge der Rückkehr zu ökologischeren Rohstoffen und dank seinen vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten wird Hanf unterdessen auch wieder in anderen Ländern, wie bspw. Rumänien angebaut.

Anbau & Ernte

Der für hochwertige Textilien verwendete Langfaserhanf wird als bis zu vier Meter hohe Pflanze geerntet. In einem ersten Schritt werden die Stängel in kleinere Abschnitte geteilt. Da die nutzbaren Fasern sich als Stützgerüst ringförmig um den Stängel angeordnet und durch Pektine zu Bündeln vereinigt in der äussersten Rindenschicht befinden, müssen die Stängel erst «aufgeschlossen» werden, d.h. die Fasern müssen herausgelöst werden. Dies geschieht durch die sogenannte Tau- oder Wasserröste. Während die geschnittenen Hanfstängel bei der Tauröste während zwei bis acht Wochen auf dem Feld liegen, erfolgen die gleichen Prozesse bei der Wasserröste während die Hanfstängel im Wasser liegen. Bei beiden Verfahren entwickeln sich Mikroorganismen, welche die pektinhaltige Gewebeschicht zersetzen und die Fasern freilegen. Anschliessend  wird der getrocknete Hanf geknickt und gebrochen, um verholzte Stängelteile zu entfernen. Diese werden – als sogenannte «Schäben» – in anderen Bereichen verwendet.

Kammgarn und Streichgarn

Was ist ein Kammgarn?

«Kammgarn» (im Gegensatz zu Streichgarn) bezeichnet das Resultat eines bestimmten Spinnverfahrens. Im englischen Sprachraum wird für Kammgarne der Begriff «worsted» verwendet.

Um ein Kammgarn zu erhalten, wird ein Kammzug versponnen. Dieser entsteht, wenn möglichst einheitliche Wollfasern mehrfach gestreckt und gekämmt werden, um sie schön parallel auszurichten. Kurze Fasern werden dabei ausgekämmt.

Kammgarne sind reissfester, glatter und härter als Streichgarne und können auch dünner gesponnen werden.

Was ist ein Streichgarn?

Ein Streichgarn ist das Resultat eines bestimmten Spinnverfahrens. Im englischen Sprachraum sind Streichgarne unter dem Begriff «woollen» bekannt.

Für die Produktion eines Streichgarnes werden die Wollfasern kardiert oder eben «gestrichen», was den Garnen den Namen gegeben hat. In diesem Verfahren können Fasern verschiedener Herkunft sowie Fasern mit verschiedenen Längen (üblicherweise 60 mm – 80 mm) verwendet werden, wobei die Mindestlänge 10 mm beträgt. Mittels Karden wird aus den Wollfasern ein voluminöses Vlies gebildet, welches dann in einzelne Stränge aufgeteilt versponnen werden kann.

Ein Streichgarn ist aufgrund seiner Herstellungsweise locker, flauschig und luftig und dadurch gut wärmend. Es ist aber auch ungleichmässiger und wegen der kurzen Fasern weniger reissfest als ein Kammgarn. 

Lein

Material & Geschichte

Lein

Lein oder auch Flachs ist eine zarte, einjährige Pflanze mit hübschen blauen Blüten.

 

Material

Als Leinen- bzw. Flachsfasern werden die Bastfasern aus den Stängeln des echten Leins (Linum usitassimum Linné) bezeichnet, wobei die nutzbaren Fasern als 20 – 50 voneinander getrennte Bastfaserbündel, ringförmig in der Rindenschicht der Stängel angeordnet sind.

Leinengarn hat einen natürlichen, leichten Glanz, ist robust und atmungsaktiv und lässt dank der glatten Faserobefläche kaum Bakterien, Schmutz oder Staub auf seiner Oberfläche zu. Auf der Haut fühlen sich Leinenfasern trocken, fast kühl an. Sie können Feuchtigkeit gut aufnehmen und wieder an die Umgebungsluft abgeben. Damit eignet sich Leinen nicht nur für Bettwäsche und Heimtextilien in Allergikerhaushalten, sondern auch für sommerliche Strickstücke. Leinengarn ist sehr reissfest, aber auch unelastisch, weshalb Leinen-Textilien leicht knittern, eine Eigenschaft, die als Edelknitter bezeichnet wird.

Vom Erntegut eignen sich 15 – 25% als Langfasern für die Produktion von Garnen. 3 – 13% sind Kurzfasern (Werg), welche zunehmend wieder in technischen Produkten (Fahrzeugbau, Vliese, Filze, Dämmstoffe, Papier) eingesetzt werden und weitere 35 – 50% fallen als sogenannte Schäben (Holzbestandteile aus den Stängeln) an, welche als Baumaterial, Brennstoff und Einstreu in der Landwirtschaft genutzt werden können.

Der Anbau von Lein erfolgt hauptsächlich in Russland, Belgien, Holland und Frankreich. Doch auch in Mitteleuropa gewinnt Flachs heute wieder zunehmend an Bedeutung. Lein aus kontrolliert biologischem Anbau gibt es bisher nur aus Westeuropa, glücklicherweise braucht Lein aber auch im konventionellen Anbau kaum Pestizide oder Dünger.

 

Anbau & Ernte

Lein wird ungefähr drei Wochen nach der Blüte geerntet. Dabei werden die Stängel nicht abgeschnitten, sondern mit der Wurzel aus dem Boden gezogen und abgelegt. Diese Prozedur nennt man Raufen (Bild 2). In einem zweiten Arbeitsschritt, dem Riffeln (Bild 3), werden die Stängel mit einem kammartigen Gerät von Blättern, Samenkapseln etc. befreit. 

 

Lein in Blüte   Lein Raufen
Lein in Blüte (Bild Terre de Lin)   Raufen (Bild Terre de Lin)
     
Riffeln   Röste
Riffeln (Bild Terre de Lin)   Tauröste (Bild Terre de Lin)

 

Dann bleibt das Leinenstroh erstmal drei bis sechs Wochen auf dem Feld liegen. In dieser Zeit findet ein, durch die Feuchtigkeit des Taus ausgelöster, chemischer Prozess, die Tauröste (Bild 4) statt. Dabei entwickeln sich Mikroorganismen, welche die pektinhaltige Gewebeschicht, die die einzelnen Fasern verbindet, auflösen und die Stängel «aufschliessen».

Im nächsten Schritt werden die Fasern in einer «Schwingerei» geknickt und gebrochen, um verholzte Stängelteile zu entfernen und die Kurz- und Langfasern (der sogenannte Schwingflachs) werden voneinander getrennt. Bevor die Langfasern schliesslich versponnen werden können, müssen die Faserbündel noch aufgeteilt, von letzten Holzteilchen und Kurzfasern befreit, während mehreren Streckpassagen gleichmässig gerichtet und auf der Vorspinnmaschine zum Vorgarn verstreckt werden.

Der Glanz und die natürliche Farbe der Leinenfasern sind übrigens abhängig vom Röstverfahren und können von Gelblich über Ocker und Grünlich bis zu Silbergrau variieren. Da Leinenfasern relativ viele Farbpartikel anhaften, müssen sie vor dem Färben gebleicht werden, um eine gleichmässige Färbung zu erhalten. 

 

Geschichte

Erste Faserfragmente wurden bereits aus der Zeit 36'000 v. Chr. in Georgien gefunden. Vor über 6'000 Jahren dann wird Lein von Ägyptern und Sumerern angebaut und bis 3'000 v. Chr. im Niltal, im Reich der Pharaonen insbesondere für Totenrituale verwendet. In dieser Zeit gelangt Lein auch in das südliche Mitteleuropa. 

Seit Jahrtausenden also werden Leinenfasern schon zur Herstellung von Kleidung genutzt, wobei die Blütezeit der Faser von der griechischen und römischen Antike bis zum Mittelalter dauerte. Wie viele andere Pflanzenfasern verliert Lein ab Anfang des 19. Jahrhunderts im Markt zunehmend an Bedeutung, da die industrielle Verarbeitung der geschmeidigeren Baumwolle in dieser Zeit stark wächst.

Seit ungefähr 1980 nimmt das Interesse am robusten Naturmaterial, im Rahmen der Rückbesinnung zu herkömmlichen und umweltfreundlicheren Naturmaterialien, langsam wieder zu.

Merinoschafe – Merinowolle

Material & Geschichte

Das Material

Merinowolle ist auch heute noch die feinste, bekannte Schafwolle weltweit. Während Fasern anderer Schafrassen im Durchschnitt 37 Mikrometer messen, sind die Fasern von Merinowolle nur gerade bis zu 23 Mikrometer «dick». Das merkt man auf der Haut, denn je feiner die Fasern, desto eher werden sie beim Kontakt mit der Haut zur Seite gebogen und reizen die Hautoberfläche nicht, kratzen also weniger. Dazu kommt, dass Merinowolle, ebenfalls dank der feinen Fasern, nicht nur besser isoliert als andere Wollsorten, sondern auch Feuchtigkeit besser aufnehmen und schneller wieder trocknen kann.

 

Geschichte

Merinowolle besteht aus den Haaren der Merinoschafe, einer uralten Rasse, deren Ursprung sich auf die nordafrikanischen Hochebenen des Atlasgebirges zurückverfolgen lassen. Im Mittelalter gelangten die Schafe von Tunesien aus nach Spanien, wo sie ab dem 13. Jahrhundert exklusiv gezüchtet wurden. Da die Merinos wegen der unvergleichlichen Feinheit ihrer Haare so wertvoll waren, war es über Jahrhunderte unter Androhung der Todesstrafe verboten, Merinoschafe aus Spanien zu exportieren. Ein Monopol, das sich bis im 18. Jahrhundert hielt, dann musste der spanische König nachgeben und den Verkauf von Zuchttieren über die Grenzen hinaus zulassen, worauf sich die Schafrasse schnell über die ganze Welt verbreitete. Was für die Weltmärkte und KonsumentInnen zweifellos ein grosser Gewinn war, wurde für die Schafe zum Beginn einer bis heute dauernden Leidensgeschichte.

 

Wie eigentlich fast immer, war es zweifellos menschliche Gier, die dazu führte, dass sich in der Zucht und im Umgang mit den wertvollen Merinoschafen, Dinge einbürgerten, die jedem mitgefühlmässig normal begabten Menschen die Haare zu Berg stehen lassen. Schon mit der Zucht fing es an. Um von jedem Tier möglichst viel des wertvollen Haares zu erhalten, wurden immer die Schafe weitergezüchtet, die besonders viel Haut hatten. Es entwickelte sich also eine Schafrasse, deren Haut sich gar in Falten legte, weil sie für den Körper eigentlich zu gross ist. Ebendiese Falten aber, wurden den Schafen zum Verhängnis. Nach dem Fallen des spanischen Zuchtmonopols hatte sich die wertvolle Rasse ja schnell die über ganze Welt verteilt und war auch in Ländern mit riesigen Weideflächen, aber ungeeigneten, klimatischen Bedingungen wie bspw. Australien oder Neuseeland angekommen. Für die dort herrschenden Temperaturen waren die Merinos natürlich viel zu warm gekleidet. In den darum dauernd feuchten Hautfalten siedelten sich Parasiten an, in den schmutzigeren Partien rund um den Schwanz, legten Fliegen ihre Eier ab. Daraus schlüpften Maden, welche sich vom Gewebe ernährten. Dies hatte nicht nur sehr schmerzhafte Entzündungen zur Folge, sondern führte unbehandelt gar zum Tod des Tieres. Um dem vorzubeugen, kam man nun aber tatsächlich auf die Idee, den Schafen die besonders gefährdeten Hautfalten einfach abzuschneiden – eine unsägliche Prozedur, die sich «Mulesing» nennt. Da dies ausserdem ja gleichzeitig an unzähligen Schafen gemacht werden musste – die Schafherden in diesen Ländern sind riesig – verzichtete man vermutlich vor allem aus Kostengründen, gleich auch noch darauf, die Tiere während der Prozedur wenigstens zu betäuben.

Es hat leider unzählige Jahre gebraucht, bis die EndabnehmerInnen der wunderbaren Merinowolle überhaupt erfuhren, was da vor sich ging und in der Folge begannen, sich gegen diese Barbarei zu wehren. Immerhin hat die öffentliche Empörung dazu geführt, dass Australien heute das einzige Land ist, in dem Mulesing noch nicht verboten ist. Doch – das ist noch viel zu wenig, denn ausgerechnet Australien ist mit Abstand weltweit der grösste Produzent von Merinowolle (ca. 85%). Dass dies so ist, liegt allein daran, dass es offenbar den allermeisten Leuten auch heute noch egal ist, wie die von ihnen getragene Merinowolle produziert wurde.

Mulesing

Was ist Mulesing?

Als Mulesing bezeichnet man das Abschneiden von Hautfalten am Hinterteil von Merino-Lämmern – üblicherweise ohne Betäubung. Die schmerzhafte Prozedur wird nur bei Merinoschafen durchgeführt, da diese Rasse – um möglichst viel ihrer wertvollen Wolle gewinnen zu können – auf eine grosse Hautoberfläche gezüchtet wurde, welche sich in Falten legt.

Ziel des Mulesing ist es, eine parasitäre Infektion durch Fliegenmaden zu verhindern. Diese schlüpfen in den schmutzig-feuchten Hautfalten in der Afterregion und ernähren sich vom lebendigen Gewebe. Das führt nicht nur zu sehr schmerzhaften Entzündungen, sondern unbehandelt zum Tod des Schafes.

Heute wird Mulesing nur noch in Australien praktiziert. Da aber ca. 85% der weltweit gehandelten Merinowolle aus Australien kommen, ist Mulesing nach wie vor ein grosses Problem.

Wo gibt es Mulesing?

Im Jahr 2023 gibt es Mulesing praktisch nur noch in Australien und ev. in Südafrika. Da Australien aber nach wie vor der Hauptproduzent von Merinowolle ist (Marktanteil ca. 85%) ist das Mulesing noch immer ein Riesenproblem.

In Neuseeland ist die Prozedur seit Oktober 2018 verboten.

In Südamerika gibt es kein Mulesing, da dort ein ganz anderes Klima herrscht und das Problem des Madenbefalls gar nicht auftritt. Ausserdem gibt es bspw. in Uruguay rückgezüchtete Merinoschafe, die keine zu grosse Hautoberfläche mehr haben.

Nessel (Brennnessel)

Das Material

 

Als (Brenn-)Nesselfasern werden die Fasern einer gezüchteten Brennnessel-Variante verwendet. Diese Fasernessel mit dem lateinischen Namen «Urtica dioica L. convar. fibra» weist geradere und längere Stängel auf als unsere Brennnessel und hat weniger Brennhaare. Verarbeitet werden sie meist wie bspw. Leinen- oder Hanffasern. Als reine Pflanzenfasern, die sich zudem gut verspinnen lassen, erleben sie aktuell ein Revival auch in der Garnproduktion.

Nm

Wofür steht die Bezeichnung Nm?

«Nm» ist die Masseinheit der metrischen Nummerierung von Garnen. Das metrische System enthält folgende Angaben eines Garns:

– die Anzahl Laufmeter bezüglich einem Gewicht von 1 Gramm

– die Anzahl Fäden, die verzwirnt wurden

Aus diesen beiden Angaben kann man die Lauflänge des beschriebenen Garns errechnen. Das geht folgendermassen:

Beispiel 1, Nm 10/2 (oder auch Nm 2/10, je nach Hersteller)

Die erste Zahl gibt an wieviele Meter ein Faden dieses Garns pro Gramm hat
–> 10 m pro 1 g (also 1000 m auf 100 g)

Die Zahl nach dem Schrägstrich gibt an, wieviele Fäden dieses Garns verzwirnt wurden (die angegebene Meterzahl muss also noch durch diesen Faktor geteilt werden)
–> …/2 für das Garn wurden zwei Fäden verzwirnt, das fertige Garn ist also nur noch halb so lang
–> die Lauflänge beträgt deshalb nur noch 5 m pro 1 g (bzw. 500 m auf 100 g)

 

Beispiel 2, Nm 100/3 (oder auch Nm 3/100, je nach Hersteller)

Die erste Zahl gibt an wieviele Meter ein Faden dieses Garns pro Gramm hat
–> 100 m pro 1 g (also 10'000 m auf 100 g)

Die Zahl nach dem Schrägstrich gibt an, wieviele Fäden dieses Garns verzwirnt wurden
–> …/3 für das Garn wurden drei Fäden verzwirnt
–> die Lauflänge beträgt deshalb nur noch 33.33 m pro 1 g (bzw. 3333 m auf 100 g)

Pilling

Was ist Pilling?

Als Pilling bezeichnet man die Bildung von Wollknötchen bei verarbeiteten Garnen. Pilling tritt vor allem bei Garnen auf, die flauschig sind oder nur aus einem Faden bestehen (Single-Garne). Da Textilien beim Tragen und beim Waschen immer wieder Reibung ausgesetzt sind, können aus losen Haaren relativ schnell kleine Wollkügelchen entstehen.

Pima Baumwolle

Was ist Pima Baumwolle?

Pima-Baumwolle wird traditionell in den Küstenregionen Perus angebaut und gilt als Luxusfaser. Diese Baumwolle gilt als die beste der Welt, denn ihre zarte Faser macht sie besonders weich und seidig.

Ravelry

Was ist Ravelry?

Ravelry ist DIE grosse Internetgemeinschaft von Strickerinnen und Strickern aus der ganzen Welt. In Ravelry finden sich fast alle Garne, die es auf der Welt gibt und – viel wichtiger – unzählige Fotos von dem, was daraus entstanden ist. Eine Mitgliedschaft bei Ravelry lohnt sich unbedingt, sie ist gratis und mit keinerlei Werbemails oder anderen, nervigen Kontaktaufnahmen verbunden.

Schurwolle

Was ist Schurwolle?

Der Begriff «Schurwolle» darf nur für Wolle verwendet werden, die per Schur von lebenden Schafen gewonnen wurde.

«Schurwolle» sagt nichts darüber aus, von welcher Schafrasse die Wolle stammt.

Single-Garn

Was ist ein Single-Garn?

Ein Single-Garn ist ein einfädiges Garn, wie es bspw. beim Handspinnen entsteht. Single-Garne neigen naturgemäss stärker zu Pilling, sehen dafür aber weich kund kuschelig aus.

Single-Garne werden heute oft irrtümlich als Dochtgarne bezeichnet. 

Steeken, Steek-Technik

Was ist Steeken?

«Steeken» ist eine Technik, dank der auch Jacken oder Tücher in Runden gestrickt werden können. Dies ist vor allem bei mehrfarbigen Mustern sehr angenehm.

Bei der Steek-Technik wird ein Strickstück also ohne Rückreihen gestrickt. Dabei macht man an einer bestimmten Stelle den sogenannten «Steek». Das heisst man strickt in jeder Reihe an der gleichen Stelle ein paar zusätzliche Maschen. Nach Abschluss der Arbeit wird das Strickstück an dieser Stelle erst gesichert und anschliessend aufgeschnitten. So wird aus dem gestrickten Schlauch bspw. ein Dreiecktuch.

Das Wort «Steek» kommt übrigens aus dem Schottischen und ist die Bezeichnung für die Zusatz-Maschen, welche später aufgeschnitten werden.

In nordischen Ländern, wo mehrfarbige Muster oft verbreitet sind, wird die Steek-Technik teilweise auch heute noch in der Schule gelehrt.

Viskose

Was ist Viskose – was sind Viskosefasern?

Viskose ist ein Material, das aus Cellulose* hergestellt wird, wobei die Cellulose unter Einsatz von Chemikalien aus einem beinahe beliebigen, pflanzlichen Rohstoff herausgelöst wird. Das Wort Viskose lässt darum auch keine Rückschlüsse auf das Basismaterial zu. Tatsächlich kann anhand einer Viskose kaum mehr festgestellt werden, welche Pflanze als Rohstoff verwendet wurde.

Viskosefasern sind Chemiefasern, die im Nassspinnverfahren hergestellt werden. Oft werden sie auch als Cellulosefasern bezeichnet, da dies ihr Grundstoff ist. Da Viskosegarne hochglänzend sein können, wurden sie bspw. als Kunstseide bekannt.

 

* Cellulose ist die Substanz, aus der das Gerüst einer Pflanze besteht.

Wolle

Material & Geschichte

Material

Wolle ist der Überbegriff für viele verschiedene Arten von Tierhaaren und einer der wenigen tierischen Rohstoffe, der von lebenden Tieren stammt. Wolle wird in den allermeisten Fällen per Schur gewonnen. Es gibt aber auch Wollsorten, die ausgekämmt, gezupft, bzw. im allerschlimmsten Fall ausgerissen werden.

Weitere Informationen zu einzelnen Wollsorten, ihren Vor- und Nachteilen und allfällig damit verbundenen Problemen, finden sich (wenn vorhanden) alphabetisch unter den fett geschriebenen Stichworten:

– Schafwolle –> siehe auch Rubrik «Merinoschafe – Merinowolle»

– Wolle von Kameliden: Kamelen, Lamas, Alpacas, Guanacos, Vicunjas

– Wolle von Ziegen: Angoraziegen (Mohair), Kaschmirziegen

– Wolle von Angorahasen –> siehe auch Rubrik «Angoras – Angorawolle»

– Wolle von Yaks

– Wolle von Bisons

– Wolle von Moschusochsen (aus dem Unterfell: Qiviut)

 

Wollfell

Schafwollfell

 

Als Tierfell ist Wolle zuständig für den gesamten Wärmehaushalt der Tiere, die sie tragen. Sie hat darum gut wärmeregulierende Eigenschaften und grossartige Fähigkeiten mit Feuchtigkeit umzugehen. Wenig erstaunlich ist auch, dass Wolle eine natürliche Selbstreinigungsfunktion hat und nur wenig Gerüche annimmt. Sogar Schweiss kann Wolle gut binden und dadurch lange neutralisieren.

Die Wollfasern selbst bestehen aus Keratin, das besonders viel Feuchtigkeit aufnehmen kann. Auch im Umgang mit Schweiss ist das ein grosser Vorteil. Bleibt Feuchtigkeit nämlich auf einer Oberfläche liegen, siedeln sich sofort Bakterien an und es beginnt unangenehm zu riechen. Indem Wollfasern die Feuchtigkeit aufnehmen, wird diese Bakterienbildung verhindert.

Ebenfalls wichtig für den Tragkomfort von Wolltextilien ist auch die Feinheit der Wolle, denn unsere Haut ist ziemlich empfindlich – Fasern, die über 30 Mikrometer Durchmesser haben, werden als kratzend empfunden. Da aber gerade Schafwolle, abgesehen von der Merinowolle, sich in einem durchschnittlichen Bereich von 37 Mikrometern Faserdicke bewegt, kommt die Wolle der meisten Schafrassen für das Tragen auf der Haut schlicht nicht in Frage.

Für einige der positiven Fähigkeiten ist das in Schafwolle enthaltene Wollfett Lanolin verantwortlich. Allerdings gibt es nicht wenige Menschen, die darauf allergisch reagieren.

 

Geschichte

Das heute bekannte Wollschaf stammt vom Mufflon, einem braunen Wildschaf, ab. Dieses hatte allerdings nur wenig Wolle, die es im Frühling selbst komplett abwarf. Erst vor ca. 10'000 Jahren, als der Mensch begann Schafe zu halten, begann die Entwicklung der heute bekannten Wollschafe. Als einfach zu haltende Tiere, die sich ihr Futter selbst suchten und auch sonst wenig Ansprüche stellten, gehören Schafe zu den ältesten, von Menschen genutzten Tieren überhaupt.

In den folgenden Jahrhunderten unter menschlicher Obhut, veränderte sich das Fell der Schafe langsam. Der Mensch begann, die Eigenschaften heranzuzüchten, die ihm besonders sinnvoll schienen. So wurde bspw. das weichere, dichtere Unterhaar immer länger und überwuchs mit der Zeit das grobe Oberhaar und neben dem ursprünglichen Braun, entstanden Schwarz, Weiss und rötliche Felle. Auch der natürliche Fellwechsel im Frühling wurde weggezüchtet, sodass Schafe seither auf die Schur durch Menschen angewiesen sind. Bereits 2'000 v. Chr. war Schafwolle damit zu einer der wichtigsten, textilen Faser geworden.

Eine noch auf Handwerk basierende Wollindustrie entwickelte sich in Europa ab dem 13. Jahrhundert, wobei Spanien zum Zentrum der Schafzucht wurde. Ziel der menschlichen Zuchtbemühungen war es natürlich, eine möglichst gute Wollqualität zu bekommen, welche schon damals bei den Merinoschafen erreicht wurde. Bis ins 18. Jahrhundert war das Herstellen von Merinowolle deshalb nur in Spanien erlaubt und das Ausführen von Merinoschafen gar bei Todesstrafe verboten. Doch auch dieses Monopol konnte nicht endlos aufrecht erhalten werden und so musste der spanische König schliesslich den Verkauf von Zuchttieren erlauben, worauf sich die Rasse über die ganze Welt verbreitete.

Während der folgenden Jahrzehnte wurde vor allem in Spanien und England sehr viel Wolle produziert. Das änderte sich mit dem Aufkommen der Dampfschiffe, die nun plötzlich günstigere Wolle aus Neuseeland oder gar Australien brachten. Schuld am Rückgang der über Jahrtausende so wertvollen und wichtigen Faser sind aber das Aufkommen der Baumwolle und die immer ausgeklügelteren, synthetischen Fasern. 

«Worsted» oder «Woollen»

Was bedeutet die Bezeichnung «Worsted»?

«Worsted» oder «woollen» bezeichnet die Resultate zweier verschiedener Spinnverfahren. Im deutschen Sprachraum sind «worsted» gesponnene Garne unter dem Begriff «Kammgarn» bekannt.

Um einen «worsted» gesponnenen Faden – also ein Kammgarn – zu erhalten, wird ein Kammzug versponnen. Dieser wiederum entsteht, indem möglichst einheitliche Wollfasern mehrfach gestreckt und gekämmt werden, um sie möglichst parallel auszurichten. Kurze Fasern werden dabei ausgekämmt. Kammgarne sind deshalb reissfester, härter, stärker und glatter und können dünner gesponnen werden als Streichgarne.

Was bedeutet die Bezeichnung «Woollen»?

«Woollen» bezeichnet das Resultat eines bestimmten Spinnverfahrens. Im deutschen Sprachraum sind «woollen» gesponnene Garne unter dem Begriff «Streichgarne» bekannt.

Für die Produktion eines Streichgarnes werden die Wollfasern kardiert oder eben «gestrichen», was den so entstandenen Garnen letztendlich den Namen gegeben hat. In diesem Verfahren können Fasern verschiedener Herkunft sowie Fasern mit verschiedenen Längen (üblicherweise 60 – 80 mm) verwendet werden, wobei die Mindestlänge 10 mm beträgt. Mittels Karden wird aus den Wollfasern ein voluminöses Vlies gebildet, welches dann, in einzelne Stränge aufgeteilt, versponnen werden kann.

Ein «woollen» gesponnener Faden oder eben ein Streichgarn ist aufgrund seiner Herstellungsweise locker, flauschig und luftig und somit gut wärmend. Er ist aber auch ungleichmässiger und wegen der kurzen Fasern weniger reissfest.